Die Zukunft der Rechtsanwaltskanzleien: Das ändert sich durch die Blockchain

Die Blockchain ist in aller Munde: Die technologische Revolution hat sich ihren Weg von Programmierer-Portalen in die Newsfeeds und Magazine der Fach- und Führungskräfte gebahnt. Auch vor der Anwaltsbrache macht das Thema nicht halt – und das mit gutem Recht. Smart Contacts (sich selbst ausführende, elektronische Verträge) und disruptive juristische Geschäftsmodelle drängen in die Wirkungsfelder von Kanzleien vor. Doch was bedeutet die Blockchain für Kanzleien ganz konkret? Wir geben einen klaren Überblick über absehbare Veränderungen, sodass Sie beim nächsten Netzwerktreffen sprachfähig sind.

 

Blockchain? Blockchain!

Die Blockchain ist eine verteilte und dezentrale organisierte Datenbank, die ein stetig wachsendes, aufeinanderfolgendes Register von Datensätzen beinhaltet, das nur durch allgemeinen Konsens geändert werden kann und somit sicher vor Manipulation und Revision ist. Sie ist grundlegend Branchen-agnostisch, was dazu führt, dass sich ihre Folgen nicht nur innerhalb der Kanzleien, sondern natürlich ebenso – vielleicht sogar stärker – in den Mandanten-Industrien abzeichnen werden. Generell kann nämlich davon ausgegangen werden, dass die Blockchain alle Intermediäre wesentlich betreffen, wenn nicht sogar obsolet machen wird.

 

Absehbare Veränderungen im Geschäft der Rechtsanwälte:

  • Drafting wird weniger umfangreich oder fällt komplett weg, wenn Ausführungsakte durch Software automatisiert werden
  • Compliance-Anforderungen werden durch Blockchain-basierte Protokolle statt durch juristische Dokumente abgedeckt
  • Unternehmensverfassungen werden zur Vereinfachung und Automatisierung in Code überführt
  • Nutzungsbedingungen für digitale Güter fallen weg, da sie bereits in die Dateien selbst einprogrammiert werden

 

Doch umfasst die Arbeit eines Anwalts erfahrungsgemäß viel mehr als das. Kanzleien sind Vertraute und Berater der Mandanten, Sparrings-Partner und rettende Instanz. Daher wirken sich naturgemäß auch die Veränderungen in den Mandanten-Industrien entscheidend auf Kanzleien aus. Hier einige Beispiele, die heute schon deutlich zeigen, welch‘ einen Paradigmenwechsel die Blockchain-Technologie tatsächlich darstellt:

 

Absehbare Veränderungen in den Industrien der Mandanten, z.B.:

  • Finance: Swaps werden ohne Mittelsmänner wie z.B. Clearinghäuser strukturiert und ein Konsortium aus 60 weltweit führenden Banken hat sich gebildet zur Entwicklung von Produkten und Prozessen auf Blockchain-Basis
  • Internationale Lieferketten werden wesentlich vereinfacht durch Güter-IDs, die dank der Blockchain verfolgt werden können
  • Zahlungsanbieter werden in ihrem Kerngeschäftsmodell angegriffen, potenziell sogar ersetzt: Kreditkartenfirmen werden obsolet, und internationaler Zahlungsverkehr funktioniert auf der Blockchain in Minutengeschwindigkeit und zu einem Zehntel der Gebühren.
  • Medienunternehmen sind auch Intermediäre zwischen Rezipienten einerseits und Werbekunden bzw. Produzenten andererseits – und können mithilfe der Blockchain auf beiden Dimensionen umgangen werden 

 

Dies sind nur einige erste Beispiele, die für diese – und auch die nicht genannten – Industrien im Einzelfall erheblich vertieft werden können. Auf der Meta-Ebene ist aber festzuhalten: Die Blockchain wird das Arbeiten und das Geschäftsmodell der Rechtsanwaltskanzleien erheblich verändern – genauso wie sie die zu regelnden (technischen) Sachverhalte „im echten Leben“ wandeln wird. Die kontinuierliche Wahrnehmung der Rolle als „trusted advisor“ erfordert es von Anwälten auch, sprachfähig zu sein hinsichtlich der technologischen Veränderungen ihrer Mandantenindustrien. Ein Sensibilisieren für veränderungsanfälligen Bereiche und ein Bewusstsein dafür, welche Position Anwaltskanzleien in einer Blockchain-basierten Zukunft einnehmen werden, können daher den entscheidenden Wettbewerbsvorteil bedeuten.