SXSW – Das perfekt organisierte Chaos

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Die Vorfreude steigt. Morgen fliege ich nach Austin zum South by Southwest-Festival (SXSW). Das größte Confestival der Welt, vollgepackt mit spannenden Unternehmen und einer Vielzahl inspirierender Menschen – und ich mittendrin, sogar als Speakerin, die die US-Amerikaner vom deutschen Unternehmergeistüberzeugen soll.

Doch vorher heißt es, die fünf Tage Austin irgendwie vorzubereiten
– nachdem letzte Woche die erste Hürde, der abgelaufene Reisepass, schon
erfolgreich überwunden wurde. Wie kann ich also die Zeit in Austin am besten
nutzen, um möglichst viel Mehrwert bzgl. Inhalt und Networking herauszuholen? Schließlich
sollen sich die zweimal 17 Reisestunden ja irgendwie auszahlen… Aber Struktur
fördert bekanntermaßen die Kreativität, das ist ja unser Mantra auch in unseren
Workshops. Also wollte ich wieder systematisch an die Sache herangehen (ich
kann wohl nicht anders), doch ich habe meine Rechnung nicht mit dem
gigantischen Ausmaß der SXSW gemacht…

Mein erster Plan war einfach und stringent: Ich wollte die
interessantesten Inhalte der Konferenz finden und mit einem Packen frischer
Ideen aus Austin zurückkommen. Also hinein
ins SXSW-Programm, sich die wahren Perlen heraussuchen und dann alles geordnet
in den Kalender damit. Tja, schöner Gedanke, nur bei 1.742 Events in 5 Tagen
ein ziemlich aussichtsloses Unterfangen. Denn die SXSW überragt tatsächlich all
dem, was man aus Deutschland so kennt: Musik-, Film- und Digitalkonferenz, das
South by Southwest-Festival ist alles zugleich und in jedem Bereich gibt es
Unmengen an spannende Facetten der jeweiligen Branche zu entdecken.

Also mache ich das, was ich meinen Kunden auch immer rate,
wenn die Komplexität mal wieder unüberwindbar erscheint: Sich auf die wesentliche
Dinge konzentrieren und den Schwerpunkt auf das eigene Spezialgebiet legen. In
meinem Fall: „Content + Distribution“. Also, Filter in die Programmmaske, doch
auch hier überwältig mich das schiere Ausmaß des Festivals: Es sind noch immer um
die 368 Veranstaltungen, die alle, wenigstens im weitesten Sinne, die Zukunft der
Medienindustrie behandeln.

Und nun? Vielleicht das Speakerverzeichnis noch einmal durchforsten?
Auch keine wirklich gute Idee, denn bei den vielen Panels in Austin steigt die
Anzahl der Sprecher in den fünfstelligen Bereich, zumal ich von den meisten
Firmen sowieso noch nie etwas gehört habe. Die SXSW kommt mir deshalb immer
mehr vor wie ein riesiger Ameisenhaufen: Ein perfekt organisiertes Chaos, bei
dem man sich wohl einfach einmal treiben lassen muss. Denn nicht zu vergessen
natürlich die hehre Menge an Parties, die sich durch spontane Einladungen per
Mail oder auf Eventbrite auftun. Deren jeweilige Qualität erschließt sich mir
ebenfalls nicht gleich, aber manche – wenn man Teilnehmern vergangener Jahre
Glauben schenken mag – sollen legendär sein…

Ein letzter Hoffnungsschimmer erfasst mich noch, als ich den
Bereich „SXSW Social“ auf der Website entdecke. Ein Verzeichnis aller
Teilnehmer mit der Möglichkeit, persönliche Nachrichten zu schreiben – also wenigstens
mein Vorhaben „Networking Intensiv“ könnte noch aufgehen! Schließlich muss ich
nach unserem Umzug doch noch schnellstmöglich alle Visitenkarte mit der alten
Adresse hinausfeuern (…und aus den USA kommt uns spontan eh niemand
besuchen).

Doch natürlich hab ich mich auch hier zu früh gefreut: Ich
bin der sechzehntausendeinhundertneunundvierzigste User mit öffentlichem Profil
– was mich wieder zum Ausgangspunkt bringt: Das Übermaß an Spannendem. Und es
gibt zwar eine Filterfunktion, bei der man nach Deutschen suchen kann, aber
ganz ehrlich: auf die sollte man sich ja in Übersee nicht konzentrieren…

Ich kapituliere also und gehe über zur Brückenkopfstrategie.
Heisst: Ich schließe mich denen an, die ich schon kenne, und versuche mit ihnen
gemeinsam das perfekte Chaos der SXSW zu durchstreifen und Inspirationen –
Menschen, Inhalte, Eindrücke – zu sammeln. Und so freue ich mich auf Euch,
Yann, Joachim, Harald, Sanja, Patrick, Moshe, und viele mehr – ich hoffe, wir
finden einen Weg durch das Dickicht des Festivals!

Was dann tatsächlich auf uns zukommt, ist wohl gut geplanter
Zufall. Oder wie die Amerikaner es sagen würden: Serendipity.

P.S.: Gerade kam zur leichteren Orientierung das
pdf-Programm raus. Allein für die deutsche Digitalschiene 246 Seiten…