Best of NYT Innovation Report (3/5): Inhalte haben eine zweite Chance verdient

image

Etablierte Medienunternehmen verfügen über riesige Mengen an erstklassigem und zeitlosem Content. Durch eine clevere zweite Verwertung dieser Inhalte können sich Verlage einen bedeutenden Vorteil gegenüber neuen Marktteilnehmern verschaffen.

Rund 15 Mio. Artikel umfasst die archivierte Produktion der New York Times, doch die Mehrheit dieser Artikel erhält lediglich ein einziges Mal die Aufmerksamkeit des Lesers. Eine

enorme Vergeudung von bestehenden Assets

, über die sich u.a. auch der Gründer der Technologie-Website „Business Insider“, Henry Blodget, wundert:

You [die New York Times, Anm. d. Red.] have a huge advantage (…). You have a tremendous amount of high-quality content that you have a perpetual license to.

Deshalb bietet eine intelligente Wiederverwertung der Artikel eine große Chance für Zeitungs- und Zeitschriftenverlage. Dies gilt in Einzelfällen schon für zeitgebundene Inhalte: Anlässlich der Oscar-Vergabe an den Film „12 Years a Slave“ tweetete die New York Times einen 161 Jahre alten Artikel über Salomon Northup, dessen Leben die Grundlage für den Film bildete. Dies verbreitete sich viral und die Online-Publikation gawker.com – und nicht die New York Times! – machte mit einer Zusammenfassung davon einen ihrer größten Hits des Jahres.

Die wahre Spielwiese für intelligente Wiederverwertung sind aber sogenannte „Evergreens“ wie Roman-Rezensionen oder Reisebeschreibungen: Nach ihrem Erscheinen sind sie häufig online (und erst recht in print) nur noch schwer zu finden, aber für den Leser immer noch relevant. So schlägt die New York Times z.B. sogenannte „Culture Guides“ vor, also gedruckte oder digitale, dossierähnliche Formate über Bücher, Museen, Essen oder Theater. Diese Guides können für den Leser einen zusätzlichen Mehrwert bieten, indem sie nicht nach dem Veröffentlichungsdatum, sondern nach dem Informationsbedürfnis des Lesers strukturiert sind. Denkbar wäre aus unserer Sicht bei Buchbesprechungen z.B. ein Aufbau nach Genre, Stimmung und verfügbarer Zeit, um dem Leser schnell eine Auswahl von für ihn passenden Büchern zu ermöglichen.

Ähnliche Potenziale gibt es auch bei vielen deutschen Verlagen – wie wir in unserer Projektpraxis schon mehrfach herausgearbeitet haben. Für eine optimale Wiederverwertung ihrer vorhanden Artikel benötigen Verlage allerdings zwei Dinge: Eine gute Strukturierung des Archivs sowie Kreativität zum Entwickeln von innovativen Formaten. Einige junge Unternehmen bieten bereits überzeugende technologische Lösungen an, die helfen können, aus dem vermeintlichen Chaos im Archiv eine übersichtliche und leicht anwendbare Inhalte-Plattform zu machen. Die Kreativität kann wiederum durch eine strukturierte Ideenfindung gefördert werden. Das Wertschöpfungsinnovations-Konzept von _MEDIATE zum Beispiel unterstützt Verlage in dem Prozess, systematisch darüber nachzudenken, wozu sie ihre bestehenden Assets noch einsetzen können.

VIER ANSATZPUNKTE FÜR DIE WIEDERVERWERTUNG BESTEHENDER INHALTE

  • Neuer Rahmen oder neue Anknüpfung: Durch bloße Neuverpackung oder die Kombination mit aktuellen Inhalten gewinnen „alte“ Artikel an Relevanz und Aufmerksamkeit
  • Neue Themen-Sammlungen: Durch themenspezifische Sammlungen und eine auf das Informationsbedürfnis des Lesers gezielte Aufbereitung kann aus bestehendem Content ein zusätzlicher Mehrwert geschaffen werden.
  • Neue Medienformate: Die Umwandlung von bestehenden Informationen in Formate wie Video- oder Multimedia-Beiträge ergibt gänzlich neue digitale Leseerlebnisse für den Nutzer.
  • Neue interaktive Formate: Bestehender Content kann auch mal für interaktive Contentformate eingesetzt werden. Die New York Times hat z.B. sehr gute Erfahrungen mit einem Dialektquizz gemacht, das die Leistungswerte der Webseite auf neue Höhen geführt hat.