Best of NYT Innovation Report (4/5): In 3 Schritten die Aufmerksamkeit für Ihre Inhalte erhöhen

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„Audience Development“ ist das zentrale Schlagwort im New York Times Innovation Report. Denn ohne eine breit angelegte Vermarktungsstrategie erhalten in der digitalen Welt Inhalte nur wenig Aufmerksamkeit von den Nutzern. Digitaler Erfolg heißt deshalb, durch kluge Marketingmaßnahmen das Interesse der Nutzer auf die einzelnen Inhalte zu lenken.

Die Chefredakteurin des Online-Auftritts des britischen Guardians, Janine Gibson, bringt das Dilemma vieler ihrer Digital-Kollegen auf den Punkt:

The hardest part for me has been the realization that you don’t automatically get an audience.“

Denn in Print-Zeiten musste der Journalist einzig den Chefredakteur von der Qualität eines Artikels überzeugen, um veröffentlicht, vertrieben und dann (hoffentlich) auch gelesen zu werden. Bei der viel größeren Menge an digitalen Inhalten ist dies nicht mehr der Fall, denn hier muss stärker als bisher der individuelle Leser überzeugt werden. Und: In der digitalen Welt haben Journalisten auch selbst einen Kanal zum Leser und damit die Möglichkeit, sich um die Aufmerksamkeit ihres Publikums zu bemühen. „Journalists should be their own promoters,“ empfiehlt die New York Times deswegen und erkennt in dieser Parole gleichzeitig eine publizistische Gelegenheit:

This work requires creativity, editorial judgement and offers us the chance to ensure our journalism lands with even greater impact.

Vor allem originäre Online-Publikationen wie die Huffington Post oder ProPublica haben das Werben um die Gunst der Nutzer mittlerweile perfektioniert. Redakteure treten dort in verschiedenen Rollen auf: Sie agieren als Inhalteproduzenten, IT-Experten und Vertriebsspezialisten. Die systematische, durch Algorithmen unterstützte Analyse und Optimierung der Performance der eigenen Artikel ist dabei ebenso selbstverständlich wie ein routinierter Umgang mit Social Media. Die Auswertung der Nutzungsdaten hilft ferner dabei, individuelle Marketing-Kampagnen für einzelne Artikel oder Serien zu lancieren, inklusive dazugehöriger, strategischer Facebook- und Twitter-Posts. So kann die Aufmerksamkeit des Lesers ganz gezielt auf bestimmte Artikel gelenkt werden, und durch die in Social Media verfügbaren Daten sogar zielgerichtet auf dessen individuelle Interessen und Lesegewohnheiten.

Die neue Disziplin des „Audience Management“ setzt also eine neue Definition des Rollenverständnisses von Journalisten voraus. Sie verlangt die Bereitschaft zu mehr Vertrieb der eigenen Artikel, zu mehr Eingehen auf den individuellen Leser und zwangsläufig damit eine stärkere Auseinandersetzung mit neuen Technologien. Entscheidend für die Umsetzung von „Audience Development“ ist daher ihre strukturelle Verankerung in angepassten Organisationeinheiten. So hat die USA Today dieses Thema ins Zentrum ihrer Restrukturierungsmaßnahmen gestellt, und auch das Wall Street Journal schaffte ein eigenes „Audience Engagement Team“, das sich aus Redakteuren, Social Media-Experten sowie Datenanalysten zusammensetzte. Durch diese Maßnahmen unterstreichen die Verlage nicht nur die enorme Relevanz des „Audience Development“ für die nahe Zukunft, sie erhöhen auch die Bereitschaft der Mitarbeiter, mit besonderer Anstrengung um die Aufmerksamkeit für ihre eigenen Inhalte zu kämpfen.

Es sind aus unserer Sicht also die folgenden grundlegenden drei Schritte, die Sie gehen müssen, um die Aufmerksamkeit für Ihre Inhalte erhöhen:

  • Schritt 1: „Audience Development“ als Thema erkennen – Für viele Verlage spielt die Disziplin „Audience Development“ aktuell noch keine Rolle. Einige US-amerikanische Medienhäuser haben bei ihren Umstrukturierungen dieses Thema jedoch ins Zentrum ihrer neuen Strategie gerückt. Die hohe Aufmerksamkeit der Leser für die stark Audience-orientierten Online-Publikationen zeigt, dass Verlage genau an diesem Punkt ansetzen müssen, um digitalen Erfolg erreichen zu können.
  • Schritt 2: Etablierung eines „Audience Development“-Teams
    „Audience Devolopment“ benötigt eine strukturelle Verankerung innerhalb des Medienhauses. Durch die Etablierung eines „Audience Development“-Teams, besetzt mit Experten aus den Bereichen Redaktion, Search, Social Media, Marketing und Data Analysis, können abteilungsübergreifend Strategien für den systematischen Aufbau des digitalen Publikums entwickelt und umgesetzt werden. So werden die herkömmlichen Grenzen zwischen Redaktion, Lesermarketing und Produktentwicklung überwunden.
  • Schritt 3: Systematische Integration in den Arbeitsprozess
    Anschließend müssen Standard-Prozesse zum „Audience Development“ definiert und in den Workflow der Journalisten eingebunden werden. Diese Tätigkeiten müssen für die handelnden Akteure so leicht wie möglich gemacht werden: Sie brauchen die notwendigen (zeitlichen) Freiräume, um diese Disziplin sinnvoll ausführen zu können sowie die Möglichkeit, auf umfangreiche Hilfestellungen zugreifen zu können – von zusätzlichen IT-Ressourcen über spezifische Guidelines und Checklisten bis hin zu Materialdatenbanken für die die bessere Vermarktung ihrer Artikel.

Wird „Audience Development“ auf diese Weise systematisch in Ihrem Medienhaus verankert, wird es kurzfristig die Aufmerksamkeit für Ihre digitalen Inhalte erhöhen. Langfristig wird es darüber hinaus zu einer Änderung des Selbstverständnisses vieler handelnder Akteure beitragen, zur Stärkung der Marktorientierung sowie zur Innovationsfähigkeit Ihres Medienhauses.